“Hausgemachte” Luftschadstoffe – schlimmer als die Rosengartenstrasse?

Bilder: BürgerInnen-Messstationen (= PM2.5 Verläufe und grosse Punkte mit höchsten USAQI-Werten auf der Karte) mit deutlich höheren Werten als an der Rosengartenstrasse (= roter Kreis auf Karte) – und den für “hausgemachte” Lustschadstoffe oft typischen Verlaufs-Spitzen.

These: Ob freiwillig oder unfreiwillig, (nicht nur) im urbanen Raum atmen viele mehr von Haushalten verursachte Luftschadstoffe ein als solche aus Auspuffen und Industriekaminen. – Kann das sein?

Soweit gesundheitsschädliche Luftschadstoffe und insbesondere PM2.5-Feinstaub in Öffentlichkeit und Politik ein Thema sind, geht es fast ausschliesslich um (reglementierte) Immissionen aus Industrie und Verkehr, und betrifft es doch einmal aus Wohnhäusern stammende Schadstoffe, dann praktisch ausschliesslich Immissionen aus (reglementierten) Heizungen.

Wenig überraschend sind auch die amtlichen Luftqualität-Messstationen hauptsächlich auf (reglementierte) Verkehrsimmissionen ausgerichtet.

Öffentlich einsehbare Messstationen besorgter BürgerInnen befinden finden sich dagegen aus praktischen Gründen oft an Gebäudefassaden oder auf Balkonen, vielfach in grösserer Höhe und  deutlich weiter von verkehrsbelasteten Strassen entfernt als die amtlichen (so z.B. auch die von Atemluft.net betriebene – vgl. auch Screenshots mit Messwerten ganz oben in diesem Post).


Hier zwei nahegelegene BürgerInnen-Messstationen, wovon die eine höhere Messwerte aufweist, obwohl sie von der Strasse weiter entfernt ist – ebenfalls ein Hinweis auf “hausgemachte” Luftschadstoffe.

Dadurch lässt sich direkt vergleichen: Wo ist die Luft dreckiger – 2 Meter neben einer viel befahrenen Strasse oder auf einem weit entfernten Wohnbalkon? Und so der eingangs formulierten These näher auf den Grund gehen: Ist es wirklich so, dass viele Menschen mehr aus (unreglementierte) “hausgemachte” Luftschadstoffe  einatmen (müssen) als durch Verkehr oder Industrie verursachte (reglementierte) Luftschadstoffen?

Als verschmutztester Messstation-Standort überhaupt gilt in der Stadt Zürich gemeinhin derjenige an der Rosengartenstrasse (obwohl besonders bei Inversionslagen im Winter die Messstation Schimmelstrasse oft noch höhere Werte ausweist). Die Messstation Rosengartenstrasse ist in den Screenshots hier jeweils auf der Karte mit einem roten Kreis gekennzeichnet.

   

Betreffend lungengängigen PM2.5 Luftschadstoffen werden diese “schmutzigsten amtlichen Standorte” jedoch durch von besorgten BürgerInnen betriebene Messstationen an Gebäuden und auf Balkonen regelmässig deutlich übertroffen, wie die hier dokumentierten Screenshots zeigen.

Unter der Voraussetzung, dass die Belüftung einer Wohnung herkömmlich durch (Quer-)Lüften durch offene Fenster und Balkontüren erfolgt (und dass die betreffende Wohnung nicht selbst ein Emittent von “hausgemachten” Schadstoffen ist), bestätigen diese Momentaufnahmen punktuell die These, dass für viele Menschen die Belastung durch (unreglementierte) “hausgemachte” Luftschadstoffe (zumindest punktuell) deutlich höher ist als diejenige durch Verkehr und Industrie.

 

Und wenn wir die amtliche Messstation Rosengartenstrasse als Referenzgrösse nehmen, lässt sich zumindest am Beispiel der von Atemluft.net betriebenen Messstation Im Isengrind zeigen, dass dies nicht nur punktuell der Fall ist. Nur schon optisch zeigt sich Monat für Monat, dass die “hausgemachte” Belastung in ca. 20 Meter Höhe über dem Boden neben dem Hürstwald definitiv höher ist als in 2 Meter Höhe neben der “dreckigsten Strasse Zürichs”, siehe z.B. hier:

Leider lassen sich via IQAir monatliche Messwerte nicht ohne weiteres vergleichen. Als Beispiel haben wir deshalb die Messwerte für den obigen 31-Tage-Zeitraum von Hand übertragen und anschliessend den Durchschnitt berechnet (vollständige Tabelle siehe hier):

Noch deutlicher wird der Unterschied bei einem Vergleich über die ersten 5 Monate 2025 (Monatszahlen Rosengartenstrasse via Ostluft-Datenabfrage):

Fazit, dadurch lässt sich die eingangs formulierte These verifizieren: Wohl nicht nur bei uns auf dem Balkon ist die Luftqualität trotz Waldrandnähe und grösserer Höhe dauerhaft klar schlechter als neben der berüchtigten Rosengartenstrasse, offensichtlich wegen (unreglementierten) “hausgemachten” Luftschadstoffen – wer hätte das gedacht?

(Wir auch nicht – bis uns zunächst die Reaktion unserer geplagten Atemwege und nun auch die aufgezeigten Messwerte nachweislich eines Besseren belehrten.)

Von amtlichen Stellen, HausbesitzerInnen sowie auch den diese Schadstoffe ausstossenden Haushalten wird diese unbequeme Tatsache wenig überraschend geflissentlich ignoriert – mit wohlwollender Unterstützung derjenigen, welche “hausgemachte” Luftschadstoffe verursachende Produkte herstellen, inverkehrbringen und davon profitieren – auf Kosten der Gesundheit von uns allen. Fortsetzung folgt …

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